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Uniklinik Mannheim nutzt Lösung aus der Telemedizin für die eigenen Pflegeprofis und Ärzte

3min
Andrea Lutz
Veröffentlicht am 8. September 2020
teamplay myCare Companion ist eine telemedizinische Lösung.

Die Telemedizin-Lösung teamplay myCare Companion wurde ursprünglich zur Betreuung von Patienten mit chronischen Erkrankungen wie Herzinsuffizienz, COPD oder Diabetes erarbeitet. Sie soll den Patienten vor allem Komfort und Sicherheit bieten. Mit teamplay myCare Companion können Gesundheitsdienstleister ihre eigenen Telemedizinprogramme planen und die zugrundeliegende Technologie flexibel an ihre Bedürfnisse anpassen.

Jetzt hat das Team vom Universitätsklinikum Mannheim eine neue, interessante Einsatzmöglichkeit für die Lösung entdeckt: Die Betriebsärzte nutzen die Dokumentations- und Kommunikationskomponenten des teamplay myCare Companion in Zeiten der COVID-19-Pandemie, um den Gesundheitszustand der eigenen Pflegekräfte und Ärzte smart zu dokumentieren. Auf Knopfdruck können die Kliniker wichtige Parameter anzeigen lassen. Sollten sie Auffälligkeiten in den Vitaldaten entdecken, können sie schnell reagieren und Team-Mitglieder, wenn nötig, zum Arzt oder nach Hause schicken.

Im Kampf gegen eine weltweite Pandemie sind Tempo und unkonventionelle Lösungen gefragt. Es werden Plattformen gebraucht, die eine Zusammenarbeit über Institutionen und Abteilungen hinweg fördern. Es gilt gerade jetzt, dezentrale Lösungen in die Breite zu bringen, um so beispielsweise Patienten unnötige Wege in die Praxis zu ersparen, Betriebsärzten einen schnellen Überblick zu ermöglichen und das klinische Personal von Papierarbeit zu entlasten.

Ein gutes Beispiel für eine smarte Kooperation lieferte das Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen in Bad Oeynhausen im vergangenen Jahr. Die Lösung ist dort zunächst für die Betreuung von Patienten mit chronischer Herzschwäche unter dem Namen „HerzConnect“ im Einsatz. Als dieses innovative Programm gestartet wurde, war nicht absehbar, welchen Stellenwert telemedizinische Lösungen für Patienten mit chronischen Erkrankungen schon bald erlangen sollten. Aufgrund der COVID-19-Pandemie ist es für Patienten mit Herzerkrankungen lebenswichtig geworden, soziale Distanz zu wahren und zugleich auf die zuverlässige Fernüberwachung ihres Gesundheitszustands durch Fachleute vertrauen zu können. Im Rahmen von Telemonitoring-Programmen können diese Patienten jetzt, ausgestattet mit leicht bedienbaren Geräten, wichtige Messungen eigenständig von Zuhause durchführen und an eine Fachstelle zur Verlaufskontrolle übersenden. Die Experten im Telemedizincenter filtern anhand der Daten die Patienten heraus, bei denen eine Intervention möglicherweise indiziert ist oder bei denen routinemäßige Checks zu erledigen sind. So wird die Anzahl ungeplanter Krankenhausbesuche reduziert – und genau das schützt Patienten aus der Risikogruppe derzeit auch vor einer möglichen Ansteckung mit SARS-CoV-2.

Wenn eine Technologie so viele Vorteile bietet und dazu flexibel anpassbar ist, dann stellt sich die Frage, für welche sonstigen Zwecke sie noch konfiguriert werden kann. Besonders weil es darum geht, den Gesundheitszustand der systemrelevanten Fachleute zu schützen, werden derzeit viele Optionen in Betracht gezogen und geprüft. So hat das Universitätsklinikum Mannheim die Dokumentations- und Kommunikationskomponenten des teamplay myCare Companion nun für das eigene Team entdeckt und setzt die Lösung als digitales COVID-19-Tagebuch für seine Mitarbeiter ein. Der Hintergrund: Pflegekräfte und Ärzte, die COVID-19-Patienten betreuen, müssen zwei Mal täglich ihre Vitaldaten, beispielsweise die Körpertemperatur, messen und – so empfiehlt es das Robert Koch-Institut – in einem Tagebuch dokumentieren1. Die Mannheimer Arbeitsmediziner haben diesen Prozess jetzt digitalisiert. Stift und Papier werden nicht mehr gebraucht. Stattdessen tragen die Mitarbeiter ihre Werte täglich auf der Softwareoberfläche des „companion“ ein. Grundsätzlich besteht teamplay myCare Companion aus zwei Komponenten – einer Smartphone-App für Patienten und einem speziellen Arbeitsplatz für die medizinischen Betreuer. Patienten – in diesem Fall die diensthabenden Mediziner und Pflegekräfte selbst – übersenden mit der App einige Informationen zu ihrem Gesundheitszustand sowie die selbst erhobenen Vitalwerte an die Betriebsärzte. Die Mediziner erhalten so täglich Aufschluss über den Gesundheitszustand aller Teammitglieder und können schnell auf Veränderungen reagieren. Werden durch die Ärzte signifikante Abweichungen festgestellt, haben Mitarbeiter beispielsweise eine erhöhte Temperatur oder beklagen Erkältungssymptome, dann werden sie vorsorglich nach Hause geschickt.

Die Fernüberwachung der Gesundheit wurde während der Pandemie unerlässlich.

Betriebsärztin Dr. Margit Eisenbarth erläutert den Vorteil der App so: „Während wir bisher stapelweise Papier in Form von Tagebüchern bekommen haben, ist jetzt alles geordnet in einer Software verfügbar. Die Mitarbeiter können über eine App oder eine Website ihre Daten komfortabel eingeben. Sie sparen wertvolle Zeit und wir haben sofort den Überblick.“ Und die Mannheimer Universitätsklinik hat sich mit diesem Tool in der COVID-19-Krise schon jetzt einen sichtbaren Vorteil verschafft: „Mit der App erhöhen wir den Schutz unserer Mitarbeiter und Patienten weiter. Anders als mit einem Papier-Tagebuch können wir dank der Software viel schneller reagieren und ersparen unseren Mitarbeitern Verwaltungsaufwand“, beschreibt Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Hennes, Ärztlicher Direktor und Geschäftsführer des Universitätsklinikums Mannheim Vorteile der Anwendung. Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass digitale Lösungen nicht nur in Ausnahmesituationen unverzichtbar sind. Aber die Ausnahmesituation bringt an vielen Stellen Schwung in die Umsetzung innovativer Lösungsansätze.

Die Telemedizinlösung teamplay myCare Companion entsteht aus einer Partnerschaft von Siemens Healthineers mit dem Austrian Institute of Technology (AIT) und der TELBIOMED Medizintechnik und IT Service GmbH in Österreich. Die Partner haben Anfang des Jahres eine globale Vertriebs- und Entwicklungspartnerschaft vereinbart.


Von Andrea Lutz
Andrea Lutz ist Journalistin und Business-Trainerin mit den Schwerpunkten Medizin, Technik und Healthcare IT. Sie lebt in Nürnberg, Deutschland.